Weltwirtschaft: GATT und WTO

Weltwirtschaft: GATT und WTO
Weltwirtschaft: GATT und WTO
 
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen IWF (Internationaler Währungsfonds) und Weltbank als Sonderorganisationen der Vereinten Nationen (UN) währungs- beziehungsweise entwicklungspolitische Aufgaben. Der Integration der Weltwirtschaft auf handelspolitischem Gebiet sollte ursprünglich eine Internationale Handelsorganisation (ITO) dienen. Um das erste geplante Ziel, nämlich Zollsenkungsverhandlungen, möglichst schnell in Angriff nehmen zu können, wurde - noch ehe die Beratungen über die ITO abgeschlossen waren - eine Einigung über ein Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT) in Kraft gesetzt (30.10.1947). Das von 23 Staaten ausgehandelte Abkommen blieb bis 1995 ein provisorisch angewandter Vertrag. Erst in der achten Welthandelsrunde des GATT (»Uruguay-Runde«, 1986-1993) wurde mit der WTO (Welthandelsorganisation) eine international rechtsfähige Institution geschaffen.
 
 GATT
 
Das GATT zielt darauf, durch Senkung der Zölle und Abbau sonstiger Außenhandelsbeschränkungen, den Welthandel auf Grundlage der Meistbegünstigung und der Nichtdiskriminierung zu fördern. Zollvergünstigungen müssen allen Handelspartnern eines Landes in gleichem Maße gewährt werden (Meistbegünstigung), erlaubte Ausnahmen vom Verbot mengenmäßiger Beschränkungen auf alle Teilnehmer Anwendung finden (Nichtdiskriminierung). Die Vereinbarungen des GATT sind in der Regel multilateral und beruhen auf dem Grundsatz der Gegenseitigkeit. Die Meistbegünstigungspflicht kann gegenüber Entwicklungsländern jedoch zu unangemessenen Belastungen führen. In ihrem Fall sowie im Fall einer Freihandelszone oder Zollunion (z. B. EU) sind Abweichungen von der Meistbegünstigungsklausel zulässig. Daneben gibt es allerdings einige plurilaterale Abkommen. Die z. B. in der »Tokio-Runde« getroffenen plurilateralen Abkommen regeln den Handel mit zivilen Luftfahrzeugen (21 Unterzeichnerstaaten) sowie das öffentliche Beschaffungswesen (23 Unterzeichnerstaaten).
 
 WTO
 
Die WTO regelt als einzige legitimierte UN-Sonderorganisation den internationalen Handel. Die wesentlichen WTO-Vereinbarungen bilden rechtliche Grundsätze für den internationalen Handelsverkehr und die Handelspolitik. Angestrebt wird, in den Mitgliedstaaten den Lebensstandard und die Realeinkommen zu erhöhen, Vollbeschäftigung zu erreichen und zu sichern und zu diesem Zweck den Handel auszuweiten und Protektionismus zu bekämpfen. Materieller Kern der WTO blieben die Regelungen des GATT, dessen Verwaltungsstrukturen ebenfalls übernommen wurden. Darüber hinaus erhielt die WTO aber wesentliche zusätzliche Liberalisierungsaufgaben. Während das GATT nur den Handel von Gütern beinhaltet, umfasst die WTO auch den Handel mit Dienstleistungen (GATS) und die handelsbezogenen Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum (TRIPS). Das GATS soll über freien Marktzugang einen gleichberechtigten Austausch von Dienstleistungen ermöglichen (Bankwesen, Versicherungen, Transport, Tourismus, Beratung, Telekommunikation). Das TRIPS enthält Durchsetzungsregeln auf Basis bisheriger Konventionen u. a. für die Bereiche Patente, Copyright, Handelsmarken, Industriedesign sowie Handelsgeheimnisse.
 
Das Hauptziel der WTO-Vereinbarungen ist die Erleichterung des internationalen Handels und die Vorgabe von unparteiischen Regeln und Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten. Durch die ständige Überprüfung der nationalen Handelspolitik sollen Konflikte mit den bestehenden multilateralen Verpflichtungen möglichst frühzeitig erkannt und ausgeräumt werden. Eine Reihe einfacher, fundamentaler Prinzipien verbinden alle WTO-Vereinbarungen zum multilateralen Handelssystem. Sie lauten: Meistbegünstigungs- und Nichtdiskriminierungsregel, freier Handel, berechenbare Politik, mehr Wettbewerb sowie besondere Berücksichtigung der weniger entwickelten Staaten.
 
Höchstes Organ der WTO ist die Ministerkonferenz, die mindestens alle zwei Jahre zusammentritt. Ihr obliegt es, in allen Angelegenheiten der multilateralen Abkommen Beschlüsse zu fassen, gegebenenfalls ein Mitglied von einer Verpflichtung zu entbinden sowie die WTO-Abkommen auszulegen und über Abkommensänderungen zu entscheiden. Zwischen den Tagungen der Ministerkonferenz nimmt der Allgemeine Rat diese Funktionen wahr. Verschiedene Ausschüsse arbeiten diesen Organen zu und behandeln hauptsächlich Querschnittsaufgaben. Der Generalausschuss handelt im Namen der Ministerkonferenz; er setzt sich aus allen WTO-Mitgliedern zusammen und trifft sich entweder als Streitschlichtungsorgan oder als Organ zur Überprüfung der Handelspolitik der Teilnehmer.
 
Alle GATT-Mitglieder werden mit Ratifizierung des WTO-Übereinkommens originäre WTO-Mitglieder. Bei ihrer Gründung 1995 hatte die WTO 128 Mitgliedstaaten, Mitte 1999 sind es 134, davon 29 Entwicklungsländer. Beitrittsverhandlungen laufen gegenwärtig u. a. mit China, Russland, Taiwan und der Ukraine.

Universal-Lexikon. 2012.

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